Donnerstag, 2. Juni 2016

Was Du lesen tust ist stets Dein eigener Text.

In den May Ferien 2016 in der CH hab' ich 15 Buecher gekauft und 2 geschenkt bekommen
nun warten sie auf dem geduldigen Lesepult...  zuerst will ich die Zeitungen nachlesen und die Zeit-Schriften aufarbeiten und den Computer wieder zur Ordnung bringen...
In den Ferien in Altdorf/Uri hab' ich diesmal nur ein Buch fertig gelesen:
Emmanuel Carrere: "Das Reich Gottes" aus dem Franzoesischen uebersetzt von C. Hamm.
[Mathes + Seitz Verlag Berlin (2011)] Emmanuel  Carrere ist Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur in Paris und erhielt den Europaeischen Literaturpreis.


Ist dieses Buch ein geschichtlicher Roman oder eine verwickelte Biographie? Der Autor verwebt vier Faeden ineinander: a) Eigene Biographie-Fragmente  b) Politische Zeit-Er-
eignisse  c) Ein Biographie-Versuch betreffs den Apostel Paulus und den Evangelisten Lukas  d) die eigene Glaubens-Entwicklung. Die Sicht auf Paulus und Lukas aus der eigenen persoenlichen Glaubens-Erfahrung heraus (glaeubig + unglaeubig) wirkt wie eine Projektion auf das fruehe Christentum. Das Leben des Apostels in Beziehung zu den andern Aposteln (bes. Petrus, Johannes, Jakobus) und des Evangelisten in Beziehung zu den andern Evangelisten (bes. Markus) und zu den Aposteln wird spannend, ereignisreich,
konflikttraechtig. Fuer normale Bibel-Leser bekommen die biblischen Schriften Konturen und Hintergrund. Es ist hilfreich fuer den Leser, dass der Autor oft darauf aufmerksam macht, dass seine Erzaehlung nicht objektiv ist sondern geschichtliche Informationen subjektiv wertet. Er liest die Bibel als Herausforderung und erzaehlt wie er sie angeht. Dabei kommen sich Verstand und Glaube stark ins Gehege und das Ur-Christentum wird mit der heutigen Glaubenssituation konfrontiert. "Das Reich Gottes" spielt Umkehrung der Werte 
bis auf den heutigen Tag.
In einem lehrreichen Nachwort schildert die Uebersetzerin C. Hamm wie die Uebersetzung
zu einem fachlichen und persoenlichen Drama wird. Sie erhielt 2016 den Uebersetzerpreis der Leipziger Buchmesse und endet ihr Nachdenken mit dem Paukenschlag: dass jeder / jede stets das eigene Buch liest. 

Wer dieses "Reich Gottes" liest, dem wird aufgezeigt, dass "Geschichte" eine dynamische
Konstruktion ist und dass, wer "Geschichte" liest,
 sich einreiht in den Konstruktionsprozess.
Das heisst aber auch, dass der Leser sein eigenes Leben mit den Erzaehlungen verwebt,
die die Vergangenheit vergegenwaertigen.

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