Freitag, 23. September 2011

Predigtskizze zum 24. Sonntag A / 10.'11.09.11 Kloten CH / Mt. 8.21-35

Petrus hat ein Problem: Wie grosszuegig soll er denn sein in seinem Versuch, das neue Christentum in seiner schwierigen Situation zu leben? Es scheint, dass dieses Problem die christliche Kirche durch 2000 Jahre nun begleitet hat. Noch heute hat sowohl der Papst als auch die Bischoefe und wohl die meisten der Glaeubigen dieses Problem: wie grosszuegig darf man sein, jeweils in der eigenen Weltsituation?
Um das Problem anzugehen, so sagt uns der Evangelist Mattheus heute, gibt sich Jesus nicht mit einer Kurzschluss-Antwort zufrieden. Die Parabel zeigt, dass Jesus zuerst klarstellen moechte, um was es im Projekt Christentum eigentlich geht.  Es geht um das Himmelreich! [Himmelreich uebersetzen wir bekanntlich mit: Fuelle des Lebens fuer alle.] Wer nun als Glaubender, die Lebensfuelle fuer alle Wirklichkeit werden lassen will, [wer also im Projekt "Himmelreich" mitarbeiten will] der geht von folgendem Gottesbild aus:
A) Gott hat den Menschen alles gegeben: Das Leben in seiner Fuelle (und nicht etwa nur einen Drittel) zusammen mit allen Problemen, dazu auch noch die Chancen, die Probleme zu loesen, und wo der Mensch sie nicht loesen kann, gibt Gott die Kraft, die Situation zu ertragen.
B) Wenn der Mensch seine Begabung erkennt und dem grosszuegigen Geber zurueckzahlen moechte, was er schuldet, - dann erkennt der Mensch auch - eine so grosse Schuld ist unbezahlbar.
C) In dieser Erkenntnis vernimmt der Glaubende, dass Gott eine totale, ewige Amnestie angeordnet hat; er hat einen absoluten Schuldenerlass fuer alle unter-
schrieben.
D) Wer die von Gott offerierte Lebensfuelle in dieser Welt nicht realisiert, der ist zum Schadensfall der ganzen Welt geworden.

Dieses Gottesbild Jesu ziemt sich dem christlichen Glauben. Dieses Gottesbild ist dem Glaubenden Voraussetzung, wenn er die Fuelle des Lebens fuer alle anpeilt. Leider ist es dem Christentum noch immer nicht gelungen, dieses Gottesbild in den Glaubenden fest zu machen. Ob die christlichen Eltern ihren katholischen Kindern dieses Gottesbild Jesu tatsaechlich vermitteln ist leider noch nicht gesichert. Im noch immer (leider von vielen Christen noch propagandierten) fragwuerdigen Gottes-
bild laesst sich eine Erklaerung fuer die Schwaeche des heutigen Christentums finden.
Und nun kommt Jesus in der erzaehlten Parabel auf den springenden Punkt: Er tut es interessanterweise mit einem Negativ-Bild: Er zeigt, wie es nicht sein soll! Positiv gedeutet: Der getaufte Christ tut, was Jesus getan hat: er praktiziert dieses grosszuegige Gottesbild in seiner wie immer gearteten Situation. Dieses Gottesbild unter den Menschen Wirklichkeit werden zu lassen, das ist Inkarnatin. Die Gesinnung und das Verhalten Gottes zwischenmenschlich zu verwirklichen, das ist "glauben".

Wenn wir nun einen Blick auf die Menschen werfen, dann stellen wir freudig fest, dass dieses Gottesbild Jesu in recht vielen Menschen irgendwie vorhanden ist: die meisten Menschen haben Freude an der Grosszuegigkeit, haben Freude an ihrer Begabung. Die Menschen sind irgendwie disponiert zur Fuelle des Lebens fuer alle.
Wir stellen aber auch fest, manchmal haben die Menschen Schwierigkeiten sich zu aeussern, ihrer Guete Ausdruck zu geben, das Wort der Verzeihung will noch nicht auf die Lippen kommen. Diese Kunst, sich im Besten zu geben, die gute Absicht in die Tat umzusetzen, diese Kunst will erlernt sein. Innerhalb der Kirche ist die Katchese dafuer zustaendig; im offenen Bereich der Gesellschaft versuchen wir diesen Lernprozess in unseren APC's zu verwirklichen (Arts-Performance-Centers): im Tanzen und Musizieren, im Malen und im Drama etc... da lernen die Menschen einszeln und in der Gruppe "sich zu aeussern", ihr bestes zu geben. Und diesen Lernprozess "sich aeussern" zu koennen, halte ich heute fuer sehr wichtig.
Glaubende Christen sind dazu herausgefordert, dem Gottesbild Jesu im Alltag Gestalt zu geben... damit erweitern sie die Anteilnahme an der Fuelle des Lebens fuer alle.

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