Angenommen, Sie verstehen unter Barmherzigkeit nicht nur einen augenblicklichen Gunst-Erweis, eine momentane Hilfe-Stellung, einen Verzeihungs-Akt sondern einen verwobenen vier-phasigen Prozess: Akzeptanz, Gestaltungs-Beitrag, Entlassung in die Freiheit, Begleitung - [das Urbild fuer mich ist die Schwangerschaft] - dann haben Sie Grund zur FRAGE: Gegenueber wem bin ich barmherzig? Dass wir als Christen die Barmherzigkeit Gottes verkoerpern sollten, ist uns schon klar. Ueber unsere Barmherzigkeit gegenueber der Kirche hab' ich deshalb im Blog Vic 36 nachgedacht. Aber ich habe FRAGEN...
Die Wirklichkeit Gottes:
Dass Gott ein "absolut heiliges Ereignis-Geheimnis" ist - ist meine Annahme. Deshalb draengt sich die FRAGE auf: Ist Gott wirklich barmherzig? Wer kann das wissen? Oder neigen die Profeten dazu neuerdings Gott als barmherzig zu proklamieren in Geschichten
und Geschichtskonstruktionen? Es tut uns ja gut, IHN so zu sehen; auch wenn wir IHN als solchen so nicht erfahren koennen.
Angenommen, Gott sei wirklich total barmherzig - ist nicht seine Art Barmherzigkeit zu zeigen unerkennbar? Wo hat ER sie denn klar und deutlich gezeigt? Und wo es so sehr angebracht und angezeigt gewesen waere, da hat ER keine Barmherzigkeit gezeigt; jedenfalls haben die Menschen sie nicht wahrgenommen (Ich denke an Lissabon, die Weltkriege, an Rwanda, Tsunami etc...). Gottseidank meinen die meisten sog. Glaeubigen, Gott sei zwar total barmherzig; aber ob ER sie auch ausuebt, zeigt, das ist eine andere FRAGE. Daher die kirchliche Gewohnheit der Bitte: ER moege doch eher und mehr Barmherzigkeit erweisen, immer und immer wieder. Koennte das auch der Sinn des Jahres der B gewesen sein? Gott erweichen, mehr B deutlicher zu zeigen?
Der Glaube an die Barmherzigkeit Gottes:
Die Intuition ist bei den meisten heute so weit entwickelt, dass sie annehmen, Gott sei wahrscheinlich in sich barmherzig; Gott ist die Barmhrzigkeit selbst. Diese Intuition wird durch Heilige, Katecheten, Prediger und Profeten (bis auf heute) verstaerkt - es sind jene, die es ja wissen muessen. Sie entnehmen ihr Wissen der Bibel oder ihrem Geschichts-Verstaendnis. Aber an die Barmherzigkeit Gottes glauben, das ist eher selten. Die sog. Glaeubigen haben sich nicht entschlossen, dass Gott tatsaechlich barmherzig ist, sondern sie haben den Verdacht, gar die Angst, ER koennte es eventuell nicht sein oder eben nicht zeigen. Oder spekuliert ER auf ein Geschaefts-Abkommen? Daher verfallen sie der alten Gewohnheit das stete Gebet stets zu wiederholen: "Herr erbarme dich unser". Man kann bei Gott nie wissen - und bei einem Blick in die Geschichte scheint es, Gott hat seine Barmherzigkeit zu oft zurueckgehalten.
Dahinter lauert die FRAGE: welches Gottesbild proklamieren wir heute !
Gott ist wie die Sonne.
ER strahlt Barmherzigkeit aus, das ist sein Wesen. Ein Gott, der nicht ewig und ueberall B ausstrahlt, das ist nicht unser Gott. Ein Christ (sich seiner humanen Kontingenz sehr bewusst) entscheidet sich (glaubt), dass die goettlichen Strahlen der Barmherzigkeit unaufhoerlich ewig strahlen.: Den Kosmos und alles was in ihm lebt und wirkt, *akzeptiert, *zu seiner Gestaltung beitraegt, *ihn in die Freiheit entlaesst, und *ihn begleitet. Diese vier verwobenen Phasen sind Gott seinsmaessig zuzugestehen (intuitiv, wissend und glaubend) unabhaengig davon ob der Mensch sie wahrnimmt oder eben auch nicht. "glauben" heisst: ich hab' mich entschieden Gott so zu sehen. Eine andere Sicht ist nicht christlich, aber wohl moeglich.
[Eine Zusatz-Bemerkung: Schatten gibt es nur, weil die Sonne scheint].
Die glaeubige Konsequenz:
1. Wir gehen davon aus, dass Gott ewig und ueberall Barmherzigkeit ausstrahlt -
wir akzeptieren das - und stoppen den Versuch, Gott zur Barmherzigkeit zu verfuehren.
"Herr erbarme dich unser" wird umgewandelt in "Gott erbarmt sich unser" (in jedem Fall -
und wir freuen uns darueber).
2. Die akzeptierte goettliche Barmherzigkeit wandeln wir um in humane Barmherzigkeit,
wie heute die Sonnen-Energie in elektrische Energie umgewandelt wird - das ist nun zeitgemaess. Wir verkoerpern die goettliche Barmherzigkeit in unserem Denken, Reden und Tun. Wir bringen die goettliche Barmherzigkeit zur leibhaftigen Erfahrung - uns und andern gegenueber.
[Das ist die einzige Art, Strategie, wie die goettliche B erfahren werden kann].
3. Solches Denken, Reden und Tun scheint uns nicht angeboren zu sein; es ist eine Kultur-
Leistung - und wir haben dieses "barmherzig sein" zu lernen. Weil aber die meisten meinen, Barmherzigkeit sei Chefsache, gibt es keine Kurse in "B lernen" (auch nicht im Jahr der B 2016: auf humane Art B zu erweisen und wahrzunehmen) sondern nur die Gewohnheit wie Bettler "Erbarmen zu erflehen", und dies mehr denn je.
4. Da die Kirche sich nicht wandelt, theologie-vergessen "Gebets-Bettler" animiert (mehr als ein ganzes Jahr lang) - gibt es keine Konsequenzen im kirchlichen Zeit-Raum; die Administration Gottes wird wie bekannt fortgesetzt. Die Barmherzigkeit Gottes wird weiter- hin in FRAGE gestellt - und anstatt dass wir sie human verkoerpern erbetteln wir sie als persoenlichen Gunst-Erweis von oben.
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