Wir kennen in der katholischen Tradition eine zweifache, doppelte Offenbarung:
jene durch die Creation und jene durch das Wort Gottes. Die Creation (als Objekt
und als Verb) offenbart uns etwas vom Geheimnis Gott (was nicht alle Menschen
wahrnehmen wollen/ koennen).
A) Die Creation scheint aufzuzeigen, dass Gott kreativ ist. Hinweis dafuer ist die
Evolution; dass in allem Geschehen Potentialitaet aktualisiert wird etc...
B) Die Erkenntnis, dass in der Creation alles vernetzt ist (Naturwissenschaft und
Philosophie sind sich darin einig) weist uns darauf hin, dass Gott eint.
C) Und die immer neu aufflackernden Energien lassen erahnen, dass in allem
Heilung geschieht. Hinweise: Selbstheilungskraft der Natur; das bisherige
Ueberleben des Kosmos...
Dieser creative, einigende, heilende Geist kann auch in jedem Menschen entdeckt
werden. Die Wahrnehmung der Creation fuehrt so in einem langen Prozess zur
unbewiesenen, unsicheren, risikoreichen Feststellung mit fast unendlicher
Tragweite: Gott ist schlussendlich Liebe. (Diese Erkenntnis hat phylogenetisch
lange gedauert und ist heute noch ontogenetisch nicht ueberall angekommen).
Das grosse Hinderniss zur Klarstellung (dass Gott Liebe ist) liegt in der Erfahrung
der Zweideutigkeit der Kraefte: cf. Wasser, Feuer etc...(cf. Hildegard von Bingen:
Das Spiel der Kraefte). Diese Zweideutigkeit der Creation und ihr vibrierendes
Gleichgewicht (Anfang + Ende; gut + boes; Fruehling + Herbst; arm + reich...)
ist jene constitutive Offenheit, die den Menschen unweigerlich in die Entscheidung
ruft. D.h. durch diese Zweideutigkeit ist der Mensch zur grundsaetzlichen
Entscheidung befreit.
M.a.W.: Die Creation hat uns auf Gott aufmerksam gemacht.
Wie aber lebt der Mensch diesen entdeckten Geist Gottes? Die Christliche Ur-
kirche hat sich entschieden: in JvN die irdische (saekulare) Aktivierung Gottes
zu sehen. Dieser Entscheid kann sich nicht abstuetzen auf die Wahrnehmung
der Creation. Es ist aber auch nicht der Fehler der Creation (gemaess Paulus),
unfaehig zu sein, Jesus Christus aus sich selbst hervorzubringen. Denn dazu
musste die Creation erst noch befreit werden... sie musste sich zur Zweiheit
entwickeln. Erst als Gott erkannt war, als seine Intention wahr genommen wurde,
konnte menschheitsgeschichtlich das marianische fiat gesprochen werden.
Die Aktivierung Jesu zum Christus ist das grosse Wagnis, den Geist Gottes
irdisch - weltlich - saekular zu leben. So hat die Creation lange gewartet bis
endlich nach der Entdeckung Gottes auch dann mit der Zeit die Botschaft Gottes
wahr-genommen werden konnte: dass der Mensch (als das Bechermass Gottes \
N.v. Kues) diesen zum Wohl der Erde aktivieren lerne.
[Man kann nicht das Wesen Gottes als solches "denken" /aktivieren! sondern nur
das, was der Mensch dem Begriff "Gott" mit seinem kontingenten Denken
zuzutrauen vermag... / anders gesagt: Der Mensch kann das Wesen Gottes nur
auf seine Art denken: eben menschlich; was in der Vorstellung von Inkarnation
dann aber auch recht deutlich wird.]
Mt im Samengleichnis Jesu macht uns darauf aufmerksam, dass die Menschen
sich in bezug auf Gott (sein Wort, seine Botschaft) als "Erdboden" verschiedenster
Qualitaet verstehen moegen. Seit im menschlichen Bewusstsein die Zweiheit von
Gott und Mensch schwebt, gilt das Gesetz: aufeinander angewiesen zu sein. Der
fruchtverheissende Regen und die wahrnehmende Erde. Auch das "Wort Gottes"
(soll es denn unter Menschen zuhause sein) unterseht dem Gesetz:
Sprechen + Hoeren konstituieren das Wort. Wenn einer versagt, gibt es keine Ernte.
[Was aktuell in der Spannung von Vernunft + Glaube, Staat + Religion sichtbar wird.]
Das "Wort Gottes" ist in unserer zeitgeschichtlichen Epoche im moment noch
gesichert. Es ist in vielen Medien gespeichert; auf vielen Kanzeln gepredigt;
in Liturgien gefeiert - und vor allem: noch viele Menschen setzen es in die Tat um.
Wieweit aber der heutige Mensch noch fruchtbare Erde fuer das Wort Gottes zu
sein vermag (also ein diesbezueglich kreativer Hoerer) das ist zur Frage geworden.
Oder ist etwa gar das Wort Gottes in den heutigen Gefaessen schal geworden?
Wir muessen heute auf beides achten: Das Wort Gottes klar verstaendlich pro-
klamieren und die Menschen aufnahmebereit halten.
Vielleicht liegt eine Hoffnung in der Inkarnation: Wenn Gott recht menschlich
spricht und die Menschen einander wahrnehmbar erachten - dann koennten
Gott und Mensch etwas einiger werden; der Leib wuerde dann zum freien Wort
befreit und das Wort aktuell ver-leiblicht.
Gluecklich jene Augen, die sehen; jene Ohren, die Hoeren...
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