Mittwoch, 13. Juli 2011

Was ist eine Predigt?

Sie ist ein gesprochenes Zeugnismoment der christlichen Frohbotschaft. Damit ist sie gerade nicht eine Vorlesung der schriftlichen Skizze. Predigt also ist ein woert-
licher Frohbotschafts-Funke (Fbf). Dieser hat eigentlich drei aktuelle Erscheinungs-arten:
Die intrapsychische: ich denke, ich fuehle (der Fbf ist im Gehirn).
Die interpersonale: Der Fbf ist im Wort; z.B Predigt
Die "de facto" Art: Der Fbf ist Tat geworden.
Die Lagerung von Fbf im Gedaechtnis, in den Medien ist keine aktuelle Erscheinungsart. Diese Speicherung bedarf, um aktuell zu werden, des Abrufs in die Gedankenwelt, ins Wort, in die Tat.
Es ist die Hauptleistung des Predigers den Uebergang von der Skizze zur Predigt
zu schaffen. Das ist eine gewagte Transformation: Ein mentaler Frohbotschafts-
funke wird eine oeffentliche verbale Manifestation!
Im Moment der Predigt wird die Skizze, gelagert im "Hinterkopf", aktualisiert. Die
Augen aber schauen gerade nicht auf die schriftliche Vorlage (Skizze). Sie nehmen die gegenwaertige Gemeinschaft in den Blick. Von den Zuhoerern kommt der Mut zum Sprechen. Das Wort entsteht zwischen dem Sprechenden und den Hoerern. Diese Dynamik ist fuer das Ankommen der Botschaft entscheidend. Die Aufmerksamkeit
der Hoerer ist dafuer wichtiger als die Bemuehungen des Predigers. Der Prediger
weiss: die Zuhoerer sind skeptisch, im Glauben gefaehrdet, vom Leben erschuettert,
geruettelt, erfreut, enttaeuscht, hin- und hergerissen und stets im Versuch, das Beste zu tun (was immer das heisst). Der Prediger hat erkannt: Der Mensch ist ein
Denk- Gefuehl- und Handlungssystem.Und diese Zuhoerer haben sich einst ent- schieden (Taufe und Firmung): Der Gott Jesu ist unser Gott, Jesus ist der christ-
liche Lebensstil, die Wirklichkeit Gottes und die Lebendigkeit, die Energie des Lebens(Brot); der Heilige Geist ist ausgegossen! Dieser Entscheid der Zuhoerer ist in der Predigt vorauszusetzen.  Da er aber stets in der Realitaet gefaehrdet ist, soll er nun gestaerkt werden. So wird die Predigt zu einer Aufmunterung. Diese Wahrnehmung der Zuhoerer ist ein entscheidendes Moment in der Predigt. Es geht nicht darum, nach dem Gusto der Zuhoerer zu reden. Das "Brot" wird serviert - "essen und
verarbeiten" muss der Empfaenger. Aber das Servieren hilft sehr zum Empfang. Ein guter Kellner macht neugierig auf den Wein. Die Kostprobe "zelebrieren" (Start der Predigt) wirkt. Die Skizze im Hinterkopf, die Zuhoerer vor Augen - der Prediger darf neugierig sein, wie wird die Botschaft wohl ankommen - im kritischen Denken, im gespannten Haushalt der Gefuehle, in der gestimmten Tiefe der Herzen.
Es ist eine Kunst, nicht zum Einzelnen zu sprechen, im Gegenteil: die Stimmung der gespannten Gemeinschaft ist anzusprechen. Und das Schlimmste: die Zuhoerer sind nicht im offenen Dialog. Sie sind in der Stimmung des Recorders. Umsowichtiger die Art des Servierens. Nicht Behauptungen sind gefragt sondern Ueberlegungen; Vorlagen zum mitgehenden Denken; Einladungen zum miteinander Wandern (in die Fuelle des Lebens hinein). Die Tatsache, dass die Botschaft anders gesagt, anders vestanden weden koennte, macht der Prediger vorsichtig, demuetig. Sorry: es wird der Zuhoerer-Gemeinschaft zugemutet, dass sie heute mit mir vorlieb nehmen muessen; mit meiner Art, mit meinem Talent und mit meiner Unfaehigkeit oder mit meiner momentanen Undisponiertheit.  Aber genau dies gehoert zur Stimmung der Predigt. Wir sind abhaengig vom gegenseitigen Vertrauen zu dem wir momentan faehig sind. Die Predigt ist wie ein Musikstueck. Ob sie mit "Vogelzwitschern" oder mit einem "Paukenschlag"  oder mit "Wellengesaeusel" started ist die Kunst des Komponisten. Aber die "Dominante" darf nicht verloren gehen; sie klar durchzuhalten dient dem Verstehen. Ein Zwischen-Laecheln, ein Frage- oder Ausrufzeichen, eine Pause ein Crescendo  etc... bringt Dynamik.
Das Ende der Predigt fasst die Botschaft in einfachen Worten zusammen und plaziert sie ins Leben der Zuheorer. Und vor allem, am Ende der Messe, da ist Sendung - die Zuhoerer haben es nun in der Hand aus der Predigt das "ihrige" zu machen. Und vertrauensvoll heisst die wichtigste Botschaft so oder so:
"Wenn ihr nun geht, vergesst es nicht, das Geheimnis Gott geht mit Euch"

(Vic. Hs. Leu hat im Auftrag der ncbc Predigtseminare durchgefuehrt).

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