Vorwort.
Natuerlich empfinde ich es als Theologe und als Psychologe, dass es mein Recht und meine Pflicht ist, das Thema der kommenden Synode durchzudenken und meine Gedanken zu veroeffentlichen - als Diskussions-Beitrag. Ich hab' versucht, herauszufinden, wie weit mein Problem- und Loesungsdenken verantwortungsvoll zu gehen wagt. Als einer, einst recht aktiv in der Jugendpastoral, der das Buch "Kinder - Zeichen des Heils" (Rex-Verlag 1980) wagte, als einer der in vielen Ehe-Vorbereitungskursen mitarbeitete (Zuerich), als einer, der aktiv in einer Eherunde fuer viele Jahre stets einen Beitrag leisten durfte - fuehle ich mich diskussionsberechtigt. Die eigene Familie, die schweizerische Mittelstandsfamilie und die namibische Familien-situation gibt mir ein gutes weites Erfahrungsfeld. Die Gedanken, die ich hier vortrage sind nur ein Entwurf. Sie sind nicht katholisch-konservativ sondern suchend. Ich moechte sie als Gedanken-Anstoss verstanden wissen. Weiter-denken ist angesagt. Meine Hoffnung ist, dass moeglichst viele kritisch mein vorgelegtes Denken verbessern. Darum empfehle ich, viele auf diesen Blog aufmerksam zu machen.
!!! 1. Ein DILEMMA.
In unserer Weltkultur hat das Justizwesen sich hervorragend entwickelt und bestimmt oeffentlich weitgehend "unsere Moral". Wir lernen (oder sollten es) was erlaubt und was verboten ist - mehr und mehr diktiert vom Justizwesen. Frueher lernten wir "es" eher von den Kirchen. In vielen Faellen, da wir unser Recht erstreiten oder ein Unrecht verhindern wollen, suchen wir Rat oder gar Einsatz beim Juristen. Dieses juristische Denken hat auch die Ehe-Kultur ueber-schwemmt. Die Ehe ist (bei vielen) immer mehr eine Rechts-Angelegenheit: Ein juristischer Akt konstituiert sie, ein juristischer Akt annuliert sie. Dieses juristische Dogma hat auch die Kirche ueberwaeltigt. Der kirchliche Akt bestimmt die Wirklichkeit: von nun an seit ihr verheiratet. Und ein hoeherer kirchlicher Akt hat das Recht zu entscheiden: nun sei ihr (wieder) "unverheiratet" (geschieden). Und ein kirchliches Grundgesetz bestimmt: es gibt die Ehe nur zwischen Mann und Frau. Die Kirche begruendet diesen Grundsatz mit der Bibel, genauer: sie haelt Jesus fuer den Grund-Gesetzgeber. Wenn Jesus wuesste, dass er so sehr zum Gesetz-Geber wurde (ein neuer Moses), er wuerde sich im Grab umkehren (trotz der Auferstehung).
Im Feld der Bewusstseins-Psychologie ist die Ehe zuerst ein persoenlicher Entscheid. Was denn der Entscheid beinhaltet ist mehr Hoffnung, Versprechen und eher vage und oft kulturell fremd-bestimmt, definiert. Der Entscheid hat eine Geschichte, Motive, Bedingungen - und gilt daher als reif, ueberlegt und bestimmend, vor allem wenn er einem hoeheren Bewusstseinsgrad entspricht. Der Entscheid ist so gesehen "entwicklungs-bedingt". Vor allem auch, weil er motivations-bedingt ist! Die einen werden faehig, den Entscheid in die Tat umzusetzen, ihn zu leben. Andern ist dieses "Glueck", diese Faehigkeit, diese Bestimmung nicht gegeben. Waehrend gewisse Ehepaare ihre Gluecksmomente und Schwierigkeiten meistern, scheinen andere in "ausweglose Zerruettung" zu schlingern oder zu einer andern Entscheidung zu gelangen. Die Schuldfrage muss auf "alle" uebertragen werden, sogar auf die "Gesellschaft". Die Psychologie weiss, dass jede Ehe praegend wirkt fuer die ganze Zukunft. Eine Ehe kann psychologisch nicht ungeschehen gemacht werden; sie wirkt weiter. In diesem Sinne gibt es keine "Trennung", nur eine Beziehungs-Verhaltens-Veraenderung. Und da viele Menschen aus Erfahrungen lernen, ist der Versuch, es wieder zu wagen, positiv gewertet. In der Psychologie ist "ehe-unfaehig" keine Diagnose - sie ist rechtlich oder medizinisch angesagt. Wohingegen psychologisch gewarnt werden kann ist die Voraussicht, dass fuer diesen Partner jener ein schwieriger weden kann. Dass gelingende Beziehung eine Kunst ist, das wird heute weitgehend anerkannt.
Es muss in der Familien-Synode gefragt werden: warum hat sich die Kirche (in der Ehefrage) so sehr dem Recht als bestimmend ausgeliefert, waehrend der Psychologie (wenn's gut geht) nur Beratung zugestanden wird. Vielleicht war Jesus doch mehr Psychologe als Jurist ?
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